Grafische Sammlung Stern
Schmuckdesign 1700-2000

Sturm Felix Zinngießerei ab 1884, Riedlingen, Deutschland


Die GSS sammelt in der Regel nur Zeichnungen von Gold- oder Silberschmieden. Bei diesen Zeichnungen wurde eine Ausnahme gemacht, da sie von der zeichnerischen Qualität und den Objekten, in das Sammelgebiet passten.

Nachfolgender Text und Foto stammt aus einer Pressemitteilung des Riedlinger Museum - Museum „Schöne Stiege“ D 88499 Riedlingen, 2017 -  und darf mit freundlicher Genehmigung von Herrn Aßfalg von der GSS veröffentlicht werden.

Zinngießerei Felix Sturm

 

„Künstlerische Zinngeräte aller Art“

 

Eine Werkstatt beim Friedhof

Felix Sturm sen. (1857-1934), aus einer alten Riedlinger Familie stammend, erlernt das Zinngießerhandwerk in Ulm bei Zinngießer Rösler. Nachdem er einige Jahre in München bei J. Lichtinger, einer der bedeutendsten dortigen Zinngießereien, und in Mettlach gearbeitet hat, gründet er 1884 ein eigenes Geschäft in seiner Heimatstadt. Da im alten Haus der Familie im Stadtkern nicht genug Raum ist, muss zunächst für die Werkstätte ein kleiner Bau nahe des Friedhofs erstellt werden. Die Lage erweist sich jedoch für den Transport der schweren Kisten zum Bahnhof als wenig günstig. Im Jahr 1898 kann Sturm ein größeres Gebäude in der damaligen Bahnhofstraße (heute Hindenburgstraße) nahe des Bahnhofs erwerben, das für Ladengeschäft und Werkstätte genügend Raum bietet. Die Haupttätigkeit besteht damals im Beschlagen von Krügen und Gläsern mit Zinndeckeln, ab und zu auch in der Herstellung zinnerner Wärmflaschen. Die Produkte finden damals in ganz Deutschland Absatz. Sturm beschäftigt damals 3-4 Arbeiter in seinem Betrieb.

 

„Moderne Formen nach Entwürfen erster Künstler“

Als später der Sohn Felix Sturm jun. (1888-1979) Werkstatt und Geschäft übernimmt, dehnt er die Fertigung auf weitere Zinngeräte wie Leuchter, Teller, Schalen, Becher, Kaffee-, Tee- und Weinkannen aus. Dem damaligen historistischen Zeitgeschmack der Wohnkultur entsprechend statten sich die bürgerlichen Haushalte gern mit neobarockem oder neoklassizistischem Zinngeschirr aus. Der in den 1890er Jahren angeschaffte Petroleum-Motor wird durch einen Elektromotor ersetzt. In den schwierigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg finden zunächst altenglische und amerikanische Modelle guten Absatz in den USA und England. Auch eine Vielzahl neuer Formen entsteht, zum Teil nach antiken Vorbildern des In- und Auslands, zum anderen Teil nach modernen Künstlerentwürfen, wie sie von den Münchner Lehrwerkstätten, Carl Bayer, München, Prof. Gross, Dresden und den Werkstätten der Stadt Halle geschaffen werden, sowie nach eigenen Entwürfen. Besonders die von Dr. Hermann Gretsch, der dem Werkbund Stuttgart angehörte, stammenden Entwürfe „… sind aus dem Gedanken heraus geschaffen, nicht nur moderne Formen zu erzielen, die zeitlos schön sind, sondern diese Formen auch in Einklang mit einer langjährigen Gebrauchsfähigkeit des Gerätes zu setzen“, wie die Zeitschrift „Deutsche Wertarbeit“ 1935 schreibt. Weiter heißt es über den Betrieb: „Das Sortiment der stets dem Qualitätsgedanken treugebliebenen Firma umfaßt mehrere hundert Modelle antiker und moderner Art, Bierkrüge, Gläser mit Zinnbeschlägen, Sport- und Ehrenpreise, Pokale, Becher, und die Artikel eignen sich, wie man sieht, hervorragend für erstklassige Kunstgewerbegeschäfte.“ Auch in Deutschland gelangt Zinngerät wieder zu Beachtung und Wertschätzung, so dass sich in den meisten größeren Städten Abnehmer finden. Bis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges nimmt Sturm an Messen u.a. in Leipzig teil, nach Kriegsende präsentiert sich die Firma in Frankfurt/Main, Köln und Hannover.

 

In dritter Generation

Mit Kriegsbeginn 1939 ist kein Rohzinn mehr erhältlich, so dass Sturm die Produktion stark einschränken muss. 1944 wird die Werkstatt für Rüstungsarbeiter beschlagnahmt. Die Familie muss sich mit Antiquitätenhandel über Wasser halten. Nach dieser schweren Zeit setzt Sturm auf die Erweiterung des Sortiments. So kann bis heute eine große Anzahl der verschiedensten Modelle in vielen Stilrichtungen angefertigt werden. Hatte sein Vater zeitweise noch einen Gesellen mit im Betrieb beschäftigt, so arbeitet der jetzige Inhaber Ethelred Sturm (geb. 1926) völlig allein und betreibt selber auch das Ladengeschäft. Obwohl er in Karlsruhe ein Studium der Physik und Mathematik begonnen hatte, entschied er sich doch, den Zinngießer-Beruf zu erlernen und begann 1949 mit der Lehre. Noch heute legt er Wert auf künstlerisch ansprechende Formgebung und sorgfältige handwerkliche Verarbeitung besten Grundmaterials im traditionellen Gussverfahren aufgrund hundertjähriger Erfahrung. Seine Werkstatt mit den alten Holzmodellen und vorwiegend eisernen Gussformen, den verschiedenen Gerätschaften, erscheint den wenigen Besuchern, die noch den Weg zu ihm finden, inzwischen selbst wie ein Museum.

 

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